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29-09-2015, 16:43

"Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung", 20. Februar 193 8, Zurich

"Mit dem Berufswettkampf hat sich Deutschland ein Erziehungsmittel geschaffen, das den Menschen von der sportlichen Seite her erfafit und dessen Leitgedanken sich in der ganzen Wirtschaft bemerkbar machen. — 'Sein Junge soll's schaffen. Auch den Meister packt der Ehrgeiz' steht unter einem Bilde, das fur den Wettkampf wirbt.

Da sich in unserem Lande ahnliche Aufgaben der beruflichen Ertuchti-gung und sparsamen Materialwirtschaft stellen, verdienen diese Bestrebun-gen unvoreingenommene Beachtung."

Bauerntum und Landdienst

Soziales Verhalten und der Wille zur Leistung trafen sich in vorbildlicher Weise in der Landdienstarbeit der Hitler-Jugend. Eine Vorarbeit fur diesen Landdienst war seit 1924 von den Artamanen geleistet worden. Die beiden Hauptziele der Artamanen waren ein freiwilliger Arbeitsdienst und der Siedlungseinsatz auf dem Lande. Heute noch gibt es damals gegrundete Artamanensiedlungen. 1929 arbeiteten 2.300 Artamanen auf 270 Gutern. Ein politisches Ziel verfolgten die Artamanen insofern, als sie bestrebt waren, arbeitslose Deutsche in Stellen zu vermitteln, die von auslandischen, besonders polnischen Arbeitern eingenommen wurden. Viele Artamanen er-hielten durch die Einfuhrung des Landdienstes der Hitler-Jugend groBere Moglichkeiten zur Verwirklichung ihrer Ziele. Zu diesem Dienst konnten sich Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren und Madchen im Alter von 14 bis 21 Jahren melden. Sie muBten sich fur die Dauer eines Jahres zum Dienst verpflichten, wurden auf Taug-lichkeit untersucht und durch das Arbeitsamt und durch die Ge-bietsfuhrung der HJ zum Einsatz gebracht. Jeweils 10 bis 45 Jungen oder Madel wurden in einer Landdienstschar unter Fuhrung eines Landdienstscharfuhrers oder einer Landdienstscharfuhrerin in einem Dorf eingesetzt. 1939 gab es 1750 solcher Landdienstscharen. Die Jungen und Madel konnten einzeln bei einem Bauern oder gruppen-weise auf einem Gut eingesetzt werden. Sie wurden dort voll verpflegt, wohnten aber in einem Heim. Die Arbeitszeit konnte bis taglich 10 Stunden betragen. Ein Nachmittag blieb arbeitsfrei fur Freizeitgestaltung. Vom monatlichen Arbeitslohn wurden 5 RM als Pflichtsparschatz einbehalten.

Im PreuBischen Kultusministerium bestand ein Referat Landjahr, welches von einem HJ-Fuhrer geleitet wurde. Es bestand eine enge Zusammenarbeit mit dem Landdienst der HJ. Durch Vereinbarung

Konnte vierzehnjahrigen Jungen und Madchen der Dienst im Landjahr oder im Landdienst als 9. Schuljahr angerechnet werden. Die Jugendlichen im Landjahr trugen die HJ-Kluft und die Landjahr-fuhrer und - fuhrerinnen erhielten den entsprechenden Hitler-Jugend-Dienstgrad.

Der Bund deutscher Madel erhielt die Tragerschaft fur die Umschulung von jungen Madchen, durch die arbeitslose Madel aus Stadt und Fabrik fur die Landarbeit vorbereitet werden sollten. Allein der Obergau Kurmark hatte 104 Umschulungslager dieser Art eingerichtet. Wahrend des Krieges wurde die Landdienstarbeit der HJ in Zusammenarbeit mit dem Reichsnahrstand auBerordentlich bedeutungsvoll.

Die Zusammenarbeit dieser beiden Organisationen war schon am 21.6.1937 durch ein Abkommen geregelt worden. Darin wurde festgelegt, daB beide Organisationen gemeinsam wirken wollten an folgenden Aufgaben: Arbeitseinsatz der Jugendlichen in der Land-wirtschaft, Jugendrecht in der Landwirtschaft, Berufserziehung, Auslese des geeigneten Fuhrernachwuchses, agrarpolitische Er-ziehung der Jugend, Reichsberufswettkampf, innerdeutscher und zwischen-volkischer Landjugend-Austausch, Berufsforderung der Landjugend. Der Leiter der Abteilung "Landjugend" im Reichs-nahrstand wurde im Einvernehmen mit der Hitler-Jugend vom Bauernfuhrer berufen und abberufen. Er war gleichzeitig Hauptrefe-rent in den Dienststellen der HJ bis zum Bann fur Bauerntum und Landdienst.

Der Landflucht wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die HJ hatte den Standpunkt aufgegeben, daB man aus der Stadt kommen muBte, um Kultur aufs Land zu bringen. Durch die Erweckung des kulturellen SelbstbewuBtseins des Bauerntums sollte z. B. der Landflucht entgegengewirkt werden.

Dazu dienten: Verstandnisvolles Eingehen auf die uberlieferten Volksbrauche, Pflege von Volkstanzen, die im Rahmen ihrer Land-schaft noch einen Sinn hatten als Bausteine fur die landschaftliche Festgestaltung, Pflege des Erzahlens, frei vom geschriebenen Wort, Volksuberlieferung von Sagen und Marchen. Hier tat sich besonders fur den BDM ein reiches Betatigungsfeld auf. Von den etwa 20.000 Madchen, die von 1934 bis 1936 durch die Umschulungslager des BDM gegangen waren, blieben viele fur kurzere oder langere Zeit auf dem Lande, um landwirtschaftlich, kulturell und sozial wirken zu

Konnen. Manche blieben fur immer.

Der Landdienst der Hitler-Jugend wollte:

1.  durch sein Beispiel die gesamte deutsche Jugend auf die Krafte und Werte des Landes, auf das Bauerntum ausrichten,

2.  einen Teil der in den Stadten lebenden Jugend fur den prakti-schen Einsatz in der Landwirtschaft gewinnen;

3.  eine moglichst hohe Anzahl seiner Angehorigen beruflich mit der Arbeit und dem Leben auf dem Lande verbinden,

4.  einer kleinen Auslese der Tuchtigsten die Moglichkeit verschaffen, als Neubauern auf eigenem Grund und Boden eine Existenz zu finden.

Wahrend zunachst der Landdienstfuhrer fur viele HJ-Fuhrer nur eine vorubergehende Tatigkeit (Arbeitseinsatz) war, benotigte der Landdienst bald eine zielbewuBte Fuhrerschaft, die in ihrer Arbeit eine vorbereitende Tatigkeit auf ihren zukunftigen landwirtschaft-lichen Beruf sah. Daher wurde der Landdienstfuhrer als Beruf anerkannt.

Um Landdienstfuhrer zu werden, war eine bestimmte Ausbildung notwendig. Sie lief mit der landwirtschaftlichen Berufsausbildung parallel. Es waren erforderlich:

2  Jahre Landdienst oder Landarbeitslehre in einem Betrieb 1 Jahr Landdienstbauerngruppe,

1 Jahr Landwirtschaftslehre in einem anerkannten Betrieb, Land-wirtschaftsprufung,

Bestatigung als Landwirtschaftsgehilfe.

3  Wochen Gebietsfuhrerschule.

Dann Landdienstscharfuhrer bis zur Einberufung zur Wehrmacht. Die Landdienstfuhrer konnten bis zum Einsatz als Neubauer im Dienst bleiben. Nach Ableistung eines Lehrganges an einer Reichs-landdienstschule konnte er Landdienstgefolgschaftsfuhrer mit Auf-stiegsmoglichkeit zum Landdienstreferenten werden. Danach ergaben sich Einsatzmoglichkeiten als hauptamtliche Tatigkeit in der Partei oder im Reichsnahrstand oder Einsatz als Neubauer. Ent-sprechendes galt fur den Bund deutscher Madel.

Uber den Landdienst konnten Volksschuler nach Fachprufungen in der Landwirtschaft werden: GroBknecht (Hofvogt), Melker-

Meister, Schafermeister, Schweinemeister, Geflugelzuchtmeister,

Imkermeister oder Brennermeister usw. Auf einer Landdienst-Arbeitstagung vom 7.10. bis 10.10.1940 sprach der Reichsjugend-fuhrer Axmann und fuhrte dort u. a. aus:

"Die nationalsozialistische Bewegung und der Staat haben daher recht-zeitig Mafinahmen ergriffen, um die Entwicklung und Forderung dem deutschen Bauerntum sicherzustellen. Durch das Erbhofgesetz wurde dafur gesorgt, dafi der deutsche Bauernhof freigemacht wurde von den Fesseln der Spekulation. Durch den nationalsozialistischen Staat wurde die Markt-ordnung eingefuhrt, die Erzeugungsschlacht wurde durchgefuhrt und man ist darangegangen, fur den Neubau der Landarbeiterwohnungen Mafinahmen zu treffen. Die Jugend hat nun im Rahmen dieser Mafinahmen eine Aufgabe zu erfullen und sie liegt allgemein gesprochen darin, dafi der gesamte Einflufi der Jugendbewegung darauf eingestellt ist, dafi die Jugend vom Lande auf dem Lande bleibt. ... Das Halten der Jugend auf dem Lande soll selbstverstandlich die grundsatzlichste und erste Aufgabe, die auch die Jugend durchzufuhren hat, sein, und daruberhinaus ist es die zweite Aufgabe, die gesunde Jugend aus der Stadt auf das Land zuruck-zufuhren. Das ist der Sinn des Landdienstes, und dabei kommt es vor allem darauf an, dafi wirklich die Besten herbeigefuhrt werden; und so mufi es immer wieder ein Appell an den einzelnen Jungen und das einzelne Madchen sein. Ich glaube, dafi die Probleme der Landflucht nicht durch wirtschaftliche Mafinahmen gelost werden konnen. Ich glaube, dafi wir durch eine noch so gute Finanzierung und Besserstellung in sozialer Hinsicht nicht allein die Probleme der Landflucht zu losen imstande sind. Ich glaube, es ist vielmehr eine Frage der Erziehung und eine Frage der inneren Haltung, und hier liegt nun die schwerste Erziehungsaufgabe, die die Hitler-Jugend uberhaupt zu losen hat. ... Diese Auslese, die wir fur den Landdienst treffen mussen, mufi naturlich zunachst erworben werden in der Fuhrerschaft und der Fuhrerinnenschaft des Landdienstes. Diese Fuhrer stehen von morgens bis abends unter der Beobachtung der Kame-radinnen und Kameraden. Sie mussen sowohl in ihrer Arbeit mit dem besten Beispiel vorangehen als auch aufierhalb der Arbeitszeit und in der Freizeit. Deswegen glaube ich, dafi der Beruf Landdienstfuhrer oder -fuhrerin einer der schonsten ist, den wir uberhaupt kennen." ("Fuhrer-dienst", Gebiet Pommern, Sonderausgabe 1941)



 

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